Ronfeld - eindrückliche Artenvielfalt statt Intensivkulturland
Wer heute das Gebiet Ronfeld am Südende des Baldeggersees im Luzerner Seetal besucht, erlebt auf kleinem Raum eine eindrückliche Artenvielfalt. Zwischen 1999 und 2019 erwarb Pro Natura Luzern im Laufe der Jahre mehrere Parzellen. Die damals zu einem grossen Teil intensiv genutzten Wiesen wurden Schritt für Schritt ökologisch aufgewertet. Heute umfasst das Schutzgebiet Ronfeld eine Fläche von rund 8 Hektaren. Ergänzt wird es durch weitere Schutzflächen im Umfang von nochmals 6 Hektaren (Turbiweiher). Das Ronfeld ist damit für die Artenvielfalt von überregionaler Bedeutung.
Im Sumpf findet sich Vielfalt
Feuchtlebensräume wie sumpfige Wiesen und Kleingewässer sind in der heutigen Landschaft eine Seltenheit. Ganze Landstriche wurden in den vergangenen 150 Jahren entwässert und trockengelegt. Die landwirtschaftliche Nutzung hatte Vorrang vor dem Erhalt von Lebensgemeinschaften. Im Umfeld des Baldeggersees finden sich trotzdem noch einige sehr artenreiche Flachmoore und mehr oder weniger feuchte Wiesen. Im Gebiet Ronfeld wurden solche Flächen neu geschaffen, indem der nährstoffreiche Oberboden entfernt und die Flächen mit lokaler Vegetation begrünt wurden. Heute blühen in den nässeren Bereichen u.a. Sumpf-Helmkraut, Tausendgüldenkraut, Teufelsabbiss, Sumpf-Herzblatt oder Sumpf-Storchschnabel. Alleine die Artnamen verraten bereits viel über die Vorlieben der jeweiligen Arten: Die gefährdete Sumpf-Heidelibelle legt ihre Eier auch auf austrocknende Flächen. Die Eier überdauern die Trockenphase schadlos und entwickeln sich erst bei der nächsten Überflutung weiter zu Larven. Auch die Sumpf-Grille und die schön gefärbte Sumpf-Schrecke sind auf Feuchtwiesen angewiesen.
Überschwemmung und Trockenfallen im Wechsel
Einen ganz besonderen Lebensraum stellen die sogenannten Flutmulden dar, die in einer zweiten Etappe erstellt wurden. Indem der Wasserstand (künstlich) reguliert wird und damit im Jahresverlauf stark schwankt, fallen Flächen trocken, um kurze Zeit später erneut überflutet zu werden. Im Sommer blüht hier u.a. der seltene Gift-Hahnenfuss. An heissen Sommertagen dienen die wenig tiefen Gewässer dem Weissstorch als Tränke. Im Winterhalbjahr bieten die verbleibende Vegetation und die grossflächigen Schlammflächen insbesondere Zugvögeln ein nahrungsreiches Rastgebiet. Watvogelarten wie Bekassine, Bruch- und Waldwasserläufer halten sich regelmässig dort auf.
Alte und neue Gewässer
Die zahlreichen Kleingewässer sind Kinderstube verschiedener Amphibienarten, u.a. Wasserfrosch, Kreuzkröte oder Teichmolch. Häufig anzutreffen ist auch die Ringelnatter, die mit Vorliebe Kaulquappen und Frösche jagt. Ihre Eier legt sie in Haufen von verrottendem Pflanzenmaterial, das bei der Pflege gezielt aufgeschichtet wird. Durch die Wärme in den Haufen entwickeln sich die Eier ohne weiteres Zutun des Muttertiers. Die Kleingewässer und Gräben bieten auch seltenen Wasserpflanzen Lebensraum, so etwa dem Kleinen Laichkraut, der Dreifurchigen Wasserlinse oder dem Südlichen Wasserschlauch.
Ältere Gewässer sind stärker mit Schilf und Rohrkolben bewachsen. Dort finden scheue Brutvögel wie die Zwergdommel oder der Teichrohrsänger Rückzugs- und Brutplätze. Wird ein Weiher neu angelegt, wird dieser sofort von spezialisierten Arten in Beschlag genommen. Oft finden sich der Plattbauch und der Südliche Blaupfeil als erste Libellenarten ein. Sie und viele weitere Arten bevorzugen Gewässer mit wenig Bewuchs. Da die Gewässer im Laufe der Zeit immer stärker zuwachsen und schliesslich verlanden, ändert sich auch die Artenzusammensetzung über die Jahre. Damit jederzeit Kleingewässer in verschiedenen Entwicklungsstadien vorhanden sind, werden die Gewässer entsprechend gepflegt.
Unterschlupf für Kleintiere
Ast- und Streuehaufen sind wichtige Kleinstrukturen im Lebensraumverbund des Ronfelds. Die Zauneidechse schätzt insbesondere mit Vegetation überwachsenes Totholz. Auch Wildbienen und Käfer profitieren vom Angebot an Asthaufen und Holzbeigen. In grösseren Haufen sucht oft das Hermelin Zuflucht.
Erhalt und Förderung der Artenvielfalt durch Pflege
Die unterschiedlichen Lebensräume sind auf eine naturschutzfachlich abgestützte Pflege angewiesen. Mit Ausnahme der grossflächigen Wiesen, welche von einem Landwirt gemäht werden, werden die teils kleinflächigen Lebensräume im Auftrag von Pro Natura Luzern und dem Kanton von Niklaus Troxler gepflegt. Als ehemaliger Projektleiter und langjähriger Kenner des Gebiets weiss er auch um die oft gegensätzlichen Ansprüche der schützenswerten Tier- und Pflanzenarten. Um diesen möglichst gut gerecht zu werden, werden zur gleichen Zeit oft nur kleine Teilbereiche der Gräben, Wiesen, Weiher und Gehölze gepflegt. So kann das besonders wertvolle Nutzungsmosaik erhalten werden. Dass es sich lohnt, die aufwändig erstellten Lebensräume nach naturschutzfachlichen Kriterien zu pflegen, zeigen die wiederholt durchgeführten Erfolgskontrollen: Auch seltene Arten mit besonderen Ansprüchen kommen teils seit 20 Jahren im Gebiet vor. Ein schöner Erfolg für ein langjähriges Engagement.
Natur beobachten – ohne zu stören
Wo baut der Teichrohrsänger sein Nest? Ist der Graureiher bei der Jagd nach Amphibien erfolgreich? Wer einen Einblick in das vielfältige Schutzgebiet erhalten will, dem stehen an zwei Standorten Beobachtungsverstecke zur Verfügung. Wer etwas Geduld mitbringt, wird mit dem Anblick eines Eisvogels, einer froschjagenden Ringelnatter oder der heimlich lebenden Wasserralle belohnt. Mit etwas Glück sind auch seltenere Gäste wie etwa der Purpurreiher zu entdecken. Im Sommer ist das lautstarke Konzert der Wasserfrösche eindrücklich. Die vollständig überdachte Beobachtungshütte ist Mittwoch, Samstag und Sonntag jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der ganzjährig frei zugängliche Sichtschutz bei den Flutmulden bietet einen schönen Einblick in die neu geschaffenen Lebensräume. Mit einem Feldstecher lassen sich insbesondere im Frühjahr und Herbst verschiedene Reiher und Watvögel beobachten, immer wieder auch Seltenheiten wie Stelzenläufer oder Zwergstrandläufer.
Weiterführende Informationen
Info
Projektleitung: Niklaus Troxler, Pro Natura Luzern; fachliche Beratung: Heinz Bolzern, Adrian Borgula, Roger Hodel u.a.